Dieser Tage erreichte mich die Anfrage eines Seemanns: Wir stellen in angelaufenen Häfen sehr oft freie,
sprich unverschlüsselte WLAN Netze fest, in die wir uns gerne einloggen würden. Durch Containerbrücken etc. ist das
empfangene Signal oftmals schwach, so dass das mit dem Einloggen fast niemals klappt. Möglicherweise könnte man
auch mehr WLAN Netze empfangen, wenn man eine stärkere Antenne als die vom Laptop einsetzen könnte. Mich interessiert,
welche WLAN Antenne für unsere Berufsgruppe sinnvoll wäre, um unseren Wünschen nach Empfang bzw. Signalverstärkung
gerecht zu werden.
Meine Antwort: Dazu brauchen sie einen Outdoor-Accesspoint auf dem Schiff
Hallo Herr XXX,
Erster Punkt: Längst nicht immer ist es legal, offene WLANs auch zu benutzen. Sie sollten sich sicher sein, dass
Sie den Accesspoint auch benutzen dürfen.
Die WLAN-Parameter sind so gewählt, dass jeder Accesspoint nur eine Reichweite von vielleicht 10-30 m haben soll.
Schließlich gibt es nur begrenzt Möglichkeiten, sich innerhalb des 2,4-GHz-ISM-Bands aus dem Weg zu gehen: Es gibt
nur drei wirklich getrennte Kanäle. Alles dazwischen überlappt sich mehr oder weniger. Und wenn der Koch seinen
Mirowellenherd einschaltet, geht womöglich gar nichts mehr, denn der arbeitet auch auf 2,4 GHz. Schließlich kommt ISM von
Industrial, Scientific and Medical. Auf diesen Bändern arbeiten die verschiedensten Geräte, ohne dass es
eine Garantie für störungsfreien Empfang gäbe.
Was Sie brauchen nennt sich "Outdoor Accesspoint". Von der grundsätzlichen Funktion her könnten Sie auch eine
Fritz!box einsetzen. Sie sollten aber eine Kombination aus der entsprechenden Elektronik, einer Richtantenne
und einem wetterfesten Gehäuse kaufen – gibt es bei Ebay ab 60 EUR.
Diesen Accesspoint müssen sie dann im Brücken- (Bridge) Betrieb nutzen, also anders herum als sonst: Er stellt per
WLAN eine Verbindung nach außen her und stellt Ihnen auf dem Schiff einen Internetzugang per Kabel zur
Verfügung. Besorgen Sie sich vorab die Bedienungsanleitung und versuchen Sie heraus zu bekommen, ob das Teil
sich so betreiben lässt. Natürlich können Sie im Schiff wiederum einen Accesspoint installieren, der über das
eben erwähnte Kabel gespeist wird. Da müssen Sie aber bei der Konfiguration etwas aufpassen. Mehr zu diesem Thema
finden Sie weiter unten.
Eine Richtantenne funktioniert wie ein Scheinwerfer: Der Reflektor (und ggf. die als Linse ausgebildete Scheibe
davor) bündeln das Licht in eine bestimmte Richtung. In dieser Richtung wird das Licht so bedeutend heller. Dieser
Effekt nennt sich bei Antennen Antennengewinn. Anders als bei Scheinwerfern wirkt der Antennengewinn auch
in der anderen Richtung, also beim Empfang. Sie empfangen damit also stärkere Signale.
Eine 10-dB-Antenne hat einen Antennengewinn von 10 dB, also 1:10. dB ist allerdings eine "logarithmische" Einheit,
bei der die Multiplikation durch Addition ersetzt wird: 1:2 sind 3 dB und 1:4 sind 6 dB. 1:8 sind 9 dB. Wenn Sie
auf beiden Seiten Antennen mit Faktor 10 Antennengewinn haben, hat die ganze Strecke einen Antennegewinn von 1:100
oder 20 dB.
Nach der Mathematik noch etwas Physik: Elektromagnetische Strahlung nimmt mit dem Quadrat der Entfernung ab.
Eine 10-dB-Antenne verdreifacht so grob Ihre Reichweite – Sie kommen dann auf 100 m oder etwas mehr, wenn
absolut nichts im Weg ist. Schon ein Baum ist bei 2,4 GHz ziemich "undurchsichtig".
Noch ein juristisches Problem: In den meisten Ländern ist die Strahlungsleistung, also das Produkt aus Sendeleistung
und Antennengewinn, auf 100 mW begrenzt. Wenn Sie also eine 10-dB-Antenne benutzen, müssen Sie die Sendeleistung auf
10 mW reduzieren. Das lässt sich bei den Accesspoints gewöhnlich einstellen. Sie können natülich nach dem alten
Sponti-Motto handeln: "Egal, scheißegal, illegal!" Aber Sie müssen wissen, was Sie da tun. Auf jeden Fall sollten Sie
auf einen WLAN-Booster verzichten, der die Sendeleistung auf 1 W oder mehr erhöht. Einmal nutzt es Ihnen nichts,
wenn Sie Gegenstationen erreichen können, ohne sie auch zu hören. Und dann fällt so ein Signal bei jeder
Überwachungseinrichtung im Haften gnadenlos auf.
Falls Sie auf 2,4 GHz nicht glücklich werden, sollten Sie Ihr Glück mal auf 5 GHz versuchen. Dort gibt es auch
WLAN und dort dürfen Sie grundsätzlich auch mehr Strahlungsleistung produzieren. Allerdings ist auf der höheren
Frequenz auch die Übertragung etwas problematischer.
Noch ein kleiner Tipp: Dieser Outdoor-Accesspoint braucht natürlich Strom. Gerade in Ihrem Fall wäre es aber ziemlich
ungeschickt, wenn Sie neben dem Netzwerkkabel auch noch ein Saftkabel über Deck ziehen müssten – zumal Sie das
Netzwerkkabel bis zu 100 m lang machen können, die Stromleitung aber nicht. Achten Sie deshalb auf
Power over Ethernet (PoE). Viele
Outdoor-Accesspoints beherrschen diese Methode, den Strom über das Netzwerkkabel zuzuführen. Wenn Sie am anderen
Ende des Netzwerkkabels einen LAN-Switch anschließen, der PoE einspeisen kann, wird die Stromversorgung für den
Outdoor-Accesspoint unsichtbar.
Hilft Ihnen das erst mal weiter?
Ein paar Hintergründe
Googelt man nach "WLAN Schiff Hafen", so findet man diverse andere Lösungen als das, was ich hier beschreibe.
Diese Lösungen haben aber alle deutliche Nachteile – speziell wenn wir über größere Pötte reden:
- Leistungsfähige Antenne an Rechner anschließen: Bei Laptops stößt das schon auf das elementare
Problem, dass kaum ein Laptop einen Antennenanschluss besitzt. Zudem dämpfen handhabbare Kabel auf 2,4 GZh
eine viel stark. Sehen Sie sich mal bei einer Mobilfunk-Feststation an, welchen Durchmesser die Kabel am Mast haben.
Und die meisten Handynetze arbeiten auf wesentlich niedrigeren Frequenzen (0,8 bis 2,1 GHz)...
- USB-Stick aus dem Fenster hängen: Damit kommt man zwar aus dem Faraday'schen Käfig raus, den eine mehr
oder weniger geschlossene Metallstruktur darstellt. Aber weder sind USB-Sticks hinreichend wetterfest, noch
kann man das USB-Kabel lang genug machen. Nach 5 m ist Schluss, außer man baut in das USB-Kabel selber
noch einen Repeater ein.
- (Vertikal bündelnde) Rundstrahlantenne: Wer auf seiner 10m-Segeljacht alles fest montiert haben will,
kann das probieren. Schließlich will man nur mal schnell seine Mails checken, ehe man am nächsten Morgen wieder
los macht. Wenn man am Liegeplatz von allen Seiten von WLANs umzingelt ist, kann es durchaus passieren,
dass man keines davon störungsfrei nutzen kann. Dann kann hilft die nächste Möglichkeit:
- Eine (auch horizontal) bündelnde Richtantenne könnte auch gegen das Problem helfen, das die Anfrage oben
beschreibt: In einem Handelshafen gibt es massenweise große Metallkonstruktionen, die durch Abschirmung und
Reflexionen stören. Die Reflexionen kann eine Richtantenne zu wesentlichen Teilen ausblenden.
WLAN-Verbindung zum Schiff per Outdoor-Accesspoint
Mein Vorschlag mit dem Outdoor-Accesspoint minimiert die Verluste im Antennenkabel, denn die WLAN-Elektronik sitzt
unmittelbar hinter der Antenne im gleichen, wetterfesten Gehäuse. Das Netzwerkkabel vom Accesspoint bis zum Rechner
kann bis zu 100 m lang sein und kostet, vor allem im Vergleich zu dämpfungsarmen Antennenkabeln, fast nichts.
Zudem kann man das geräteseitige Ende des Netzwerkkabels problemlos in jeden Laptop einstöpseln, der in den
letzten 15 Jahren gebaut wurde.
Die billigen Outdoor-Accesspoints brauchen eine getrennte Stromversorgung, typisch mit 12 V. Das ist spätestens dann
ungeschickt, wenn die Leitung etwas länger wird. So ab 5 m muss man wohl ein wesentlich dickeres Saftkabel
als das das mitgelieferte benutzen. Die Alternative dazu ist PoE. Dabei wird der Outdoor-Accesspoint
über das sowieso vorhandene Netzwerkkabel mit Strom versorgt. Die Energie speist man entweder über einen
PoE-tauglichen Switch oder einen PoE-Injektor ein. Das geht ganz einfach in der Kabine.
Mit 100 m Kabel kommt man von der Kabine bis zu ganz verschiedenen Stellen der Reling oder ähnlichen
Aufstellpunkten. Viele der Outdoor-Accesspoints werden mit Schellen geliefert,
um sie an einen Antennenmast zu schrauben. Das kann auch eine vertikale Stange der Reling oder ein Mast sein.
Notfalls muss man halt etwas probieren. Wer einen bestimmten Hafen aber öfter anläuft, muss diese Bastelei ja
nicht immer wieder machen.
Ganz nebenbei: An diese Internetanbindung können Sie auch Ihre Kollegen anschließen.
Feind hört mit!
In offene WLANs können nicht nur Sie sich einhängen – das kann jeder in Reichweite. Über den Accesspoint kann
man auch die anderen angemeldeten Recher erreichen – sicher ein reizvoller Askpekt für Möchtegern-Hacker. Denen
sollten Sie das Leben so schwer wie möglich machen:
- Machen Sie Ihren Rechner von außen unzugänglich. Richten Sie also keine Freigaben ein und schließen
Sie Ihren Drucker per USB an den Rechner an – nicht über das Netzwerk.
- Wenn Sie sich in die Tiefen von Windows trauen, deinstallieren Sie die Windows-spezifischen Netzwerktreiber
wie Datei- und Druckerfreigabe für Microsoft-Netzwerke und QoS Paketplaner. Die TCP/IP-Treiber
brauchen Sie aber, um ins Internet zu kommen!
- Verbinden Sie Ihren Rechner über einen Router mit mit dem offenen WLAN. Dann kömmen zwar Sie hinaus, aber keiner
von außen hinein. Die meisten Accesspoints enthalten sowieso einen Router. Das reduziert das Problem aber nur:
Ihre Kollegen könnten irgendwelche Freigaben auf Ihrem Rechner u.U. immer noch nutzen, um sich auf Ihrer Festplatte
umzusehen.
- Verwenden Sie nach Möglichkeit verschlüsselte Verbindungen. Online-Banking läuft sowieso über eine
verschlüsselte Verbindung (https), aber E-Mail wird meist unverschlüsselt übertragen. Es geht dabei nicht nur
um die Inhalte Ihrer Mails, sondern auch um die Zugangsdaten! Wenn da jemand mithört, kann er Ihre Mails abholen
und in Ihrem Namen Mails schreiben! Erkundigen Sie sich bei Ihrem E-Mail-Dienstleister, wie Sie Ihre Mails
verschlüsselt übertragen können. Notfalls wechseln Sie den Dienstleister.
WLAN im Schiff
Zugegeben: Da rede ich jetzt wie der Blinde von der Farbe, denn ich war noch nie auf einen Handelsschiff.
Auch ist das eher eine Aufgabe für die Reederei als für eine Privatinitiative der Besatzung. Vielleicht kann
ich aber ein paar Stichworte für die Diskusion liefern.
Ein Handelsschiff ist ja ganz überwiegend eine Schweißkonstruktion aus Stahl. Selbst dünnste Stahlschichten sind für
elektromagnetische Strahlung undurchlässig – wie wohl jeder schon bemerkt hat, der in seiner Kabine auch nur
ein Radio betreiben wollte. Will man die Quartiere mit WLAN versorgen, klappt das also nicht so einfach.
Aber es gibt eine Alternaive dazu, in jeder Kabine eine Netzwerksteckdose zu unstallieren: Ein
Schlitzkabel.
Eigenbaulösungen
findet man im Internet auch beschrieben.
Nehmen wir zur Vereinfachung an, dass nur Außenkabinen versorgt werden sollen und die Kabinentüren eben nicht aus
Metall sind. Dann könnte man das Schlitzkabel auf der gegenüberliegenden Gangseite so befestigen, dass es die
Kabinen gut beleuchtet. Die Details sind dann aber Sache eines Fachmanns.
Vom oben erwähnten Outdoor-Accesspoint zum internen Accesspoint am Schlitzkabel führt dann ein Netzwerkkabel.
Diese Konstruktion zu konfigurieren ist eher Arbeit für einen Fachmann. Wenigstens zwei Mitglieder der
Besatzung sollten so weit geschult werden, dass sie den Outdoor-Accesspoint im Hafen ausrichten und auf ein
offenes WLAN einstellen können.
Fragen, Ideen, Anregungen?
Ich würde diese Seite gerne weiter ausbauen. Deshalb bin ich an Ihren Fragen und Anregungen interessiert.
Ich bekenne mich zur notwendigen Berufskrankheit des technischen Redakteurs: Neugier! :-)
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Literatur
- [1] Ahlers, Ernst: Gartenfunk. WLAN-Basen für Außenmontage
- In: c't 23/2011, S. 116ff
Hier werden einige der Geräte, die ich als Outdoor-Accesspoints bezeichne, als WLAN-Erweiterung
für den Garten usw. betrachtet.
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